Zoff in der FDP: Bitterböse Kritik, Klapdor und Haupt sollen zurücktreten, fordern „kritische Liberale“

Die FDP des Kreises Kleve – ein brodelnder Vulkan, der kurz vor einer gewaltigen Eruption steht?

Ein Schriftwechsel, der schon Mitte Dezember begann, liefert bemerkenswerte Einblicke in parteinterne Frontlinien und legt den Verdacht nahe, dass eine größere Gruppe von Mitgliedern äußerst unzufrieden ist. Es geht um den aktuellen Kurs der Partei sowie um einige Personalentscheidungen – und am Ende werden sogar die Rücktritte des Kreisvorsitzenden Stephan Haupt und des Fraktionschefs Professor Dr. Ralf Klapdor gefordert, „um den Weg für einen Neuanfang freizumachen“.

„Innerhalb und außerhalb der FDP ist der Eindruck entstanden, dass die FDP-Kreistagsfraktion mehr eine Klapdor-Versorgungseinrichtung ist als eine politische Kraft, die etwas zum Guten für die Menschen im Kreis Kleve bewegen will – und zwar mit Stil und Anstand“, heißt es in dem siebenseitigen Brief, den eine Gruppe unterzeichnet hat, die sich selbst „kritische Liberale“ nennt, und zu der unter anderem Dietmar Gorißen, Dr. Dirk Hammes (Kevelaer) und Thomas Wittenburg (Issum) gehören.

Das Schreiben ist der reine Sprengstoff.

Abgerechnet wird praktisch mit allem, was geschehen ist, seit der Kreisvorsitzende Stephan Haupt vor der Kommunalwahl de facto das Bündnis mit der CDU aufgekündigt hatte, um gemeinsam mit SPD, Grünen und Freien Wählern den Bedburg-Hauer Bürgermeister Peter Driessen als neuen Landratskandidaten durchzusetzen. Driessen sollte der erste Nicht-CDU-Landrat des Kreises Kleve werden, doch dieses Vorhaben erfüllte sich nicht; in der Stichwahl behielt die CDU-Kandidatin Silke Gorißen die Oberhand.

„Seit dem Beginn der neuen Legislaturperiode am 1. November 2020 liefert die FDP-Kreistagsfraktion nur negative Schlagzeilen“, so der Eindruck der „kritischen Liberalen“. Die langjährige Fraktionsgeschäftsführerin Gaby Meinert sei „unter höchst fragwürdigen Umständen“ aus ihrem Amt entfernt worden – bekanntlich zugunsten der Ehefrau des Fraktionsvorsitzenden Professor Dr. Ralf Klapdor (siehe hier: Auf Kollisionskurs). Bei der Besetzung des Vorsitzes im Verwaltungsrat der Sparkasse Rhein-Maas sei es zu einer „handstreichartigen Überrumpelung der Landrätin“ gekommen. Und schließlich noch das Beharren auf der „sehr kostenintensiven Installation eines Kreisdirektors“. Etliche Mitglieder, so der Brief, „fragen sich, ob das noch ihre FDP ist“.

Selbst die Tatsache, dass Klapdors Ehefrau den Posten nun gar nicht mehr antritt, konnte die Kritiker offenbar nicht versöhnen. Dem Brief zufolge hat der Kreisvorstand die Sache entschieden, obwohl dieser formal gar nicht zuständig ist. „Die Tatsache, dass es in der Sitzung keinen Einspruch gegen diese Einmischung des Kreisvorstands vom Fraktionsvorsitzenden gab, dokumentiert erneut seine Führungsschwäche“, so die Ankläger.

Auch hinsichtlich des neuen Postens Kreisdirektor, den die Listenverbindung installieren wollte, kann das Umdenken der Verantwortlichen die Kritiker nicht überzeugen: „vorerst (!!) Auf die Einführung eines Kreisdirektor zu verzichten, ist wohl eher ein Ausdruck des scheinheiligen Nachgebens auf den öffentlichen und medialen Protest und nicht das von Einsicht getragene ehrliche Bekenntnis zu einem fairen Politikstil“, heißt es.

Die Hauptverantwortung für all dies liege beim Vorsitzenden der Kreistagsfraktion, Ralf Klapdor. Mitverantwortlich gemacht wird auch der Kreisvorsitzende Stephan Haupt, dessen Führungsstil massiv kritisiert wird. Die kritischen Liberalen fordern, dass beide von ihrem Posten zurücktreten, dass die Fraktiongeschäftsführung neu besetzt wird und dass die Listenverbindung mit den anderen Parteien aufgekündigt wird.


Sowohl der Kreisvorstand wie auch die Kreistagsfraktion reagierten ihrerseits mit Briefen auf die Vorwürfe.

Stephan Haupt stellte klar, dass die Kandidatur von Peter Driessen nicht über Hinterzimmerdiplomatie festgezurrt wurde, im Gegenteil, es sei kein Gespräch ohne Vertreter der Fraktion geführt worden. Das Ergebnis für Driessen in der Stichwahl – 45,7 % – bezeichnete er als „sehr respektabel“. Der gesamte Vorstand sehe keine unüberbrückbaren Differenzen und hoffe diese im Dialog lösen zu können.

Die Kreistagsfraktion verwahrte sich dagegen, auch den neuen Fraktionsgeschäftsführer Luca Kersjes abzuräumen, da er sich in einem ordnungsgemäßen Auswahlverfahren durchgesetzt habe und es bisher auch keine Kritik an seiner Arbeit für die Fraktion gebe. Die Diskussion um einen Kreisdirektor halte man zwar weiter für inhaltlich richtig, aber „nach einem Gespräch mit der Landrätin sind wir zu dem Schluss gekommen, dass wir ihr Zeit geben sollten, ihre Aussagen zu einer neuen deutlich veränderten Verwaltung Führung zu belegen.“

Das Ralf Klapdor per Überrumpelungstaktik zu seinem Posten im Verwaltungsrat der Sparkasse kam, weisen die Kreistagsmitglieder (Ralf Klapdor, Kay Ehrhardt, Arie Kerkman, Jan-Wellem Neuhaus) ebenfalls zurück. Die CDU selbst sei in einer Besprechung der Fraktionsvorsitzenden „extrem schnell“ über den Punkt hinweggegangen, somit sei der Vorschlag für die CDU nicht überraschend. Der nächste Satz trägt die Handschrift von Klapdor selbst: „Im Übrigen sollte beachtet werden, dass die beamtenrechtlichen Abführungsregeln an dieser Stelle für einen Hochschullehrer strenger sind als für eine Landrätin.“

„Dass der Start hätte besser sein können, ist unstrittig“, wird eingeräumt. Doch künftig möchte die FDP-Kreistagsfraktion wieder „mit konkreten inhaltlichen Forderungen wahrgenommen werden“. Dafür sei alle Erfahrung und alles inhaltliche Know-how vonnöten, weshalb die Rücktrittsforderung gegen den Vorsitzenden zurückgewiesen werde.

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