Nein, kein Schornstein!

Historiker, die „Detektive der Vergangenheit“ (G. Knopp)!

Das unter Federführung von Frank Mehring (Historiker) und Kurt Kreiten (ehemaliger Leiter der Wasserburg Rindern) erschienene Werk „Die Wasserburg Rindern im Wandel der Zeiten“ zeigt auf dem Cover eine alte Ansicht des Gebäudes. Darauf ist rechts vom Haupthaus ein Nebengebäude zu sehen, an oder auf dem ein schlanker Aufbau aufragt. Was aber ist das?, fragten die kleveblog-Leser, und der allwissende unter ihnen, ein gewisser Jean-Baptiste le Rond d’Alembert, dekretierte: „Da gibt’s nicht viel zu klären. Das war die mittelalterliche Feuerversicherung. Dort war das Kesselhaus / Heizhaus /Koch- und Backhaus untergebracht. Freistehendes Gebäude, selbst wenn ,de vlam in de pan‘ schlug und das kleine Gebäude in Flammen auf- (oder eher unter-) ging, war der Schaden begrenzt.“

Aber stimmt das wirklich? Das Mittelalter selbst endete nach landläufiger Ansicht übrigens um 1500 (Entdeckung Amerikas, Buchdruck, Luther, das so als (natürliche eurozentrische) Markierungen). Halten wir zunächst einmal fest, dass das Bild 1695 entstanden ist, womit Kesselhaus natürlich ausscheidet. Es gibt neben dieser Ende des 17. Jahrhunderts entstandenen Ansicht von Valk weitere Bilder, auf denen das Nebengebäude und das schlank aufragende Gebilde zu sehen sind, einmal 1745 von De Beijer einen Stich 1750 von Fokke (der nach der Ansicht von De Beijer entstanden ist).

Doch ein Schornstein ist es nicht: „In Wirklichkeit handelt es um einen Signalmasten oder Pfosten, wie man auf den Entwurfs- und Umbauplänen, die der Kurfürst von dem Baumeister Pieter Post 1667 hat anfertigen lassen hat, deutlich auf den Plänen nachvollziehen kann“, schreibt Experte Franz-Josef Lensing, der von kleveblog zur Aufklärung eingeschaltet wurde.

Lensing: „Auf dem Plan ist auf der Längsansicht von hinten neben den Turm mit etwas Abstand ganz rechts im Bild eine Säule zu erkennen, die unten durch zwei Strebefeiler verstärkt ist, und auf einer Terrasse mit Brüstungsmauer platziert ist. Man hatte im Erdgeschoß im Anschluss an das Hauptgebäude einen Raum angesetzt, der noch etwas weiter ging wie der Turm. Auf dem oberen Ende ist ein Helm aufgestülpt. Die darauf aufgesetzten Fahnen ließen sich – wohl durch einen Mechanismus – auf- und abbewegen.“

War der Kurfürst anwesend, wurde die Fahne hochgesetzt, oder, wie es landläufig, heißt: gehisst, wie dies heute noch in manchen Königs- und Fürstenhäusern üblich ist. Dieses Zeremoniell hat wohl seinen Ursprung aus dem Fahnenlehen zur Zeit des Heiligen Römischen Reiches. Das Lehen wurde mittels einer Fahne als militärisches Feldzeichen und Sinnbild des Heerbanns vom Kaiser unmittelbar an weltlichen Fürsten verliehen.

Nachher wurde wohl der eingeschossige Anbau nochmals über die Säule hinaus verlängert  und darüber ein Satteldach gesetzt, wie man in den vorgestellten Ansichten nachvollziehen kann.

Deutlich zu sehen: Das Ding links dient der Kommunikation
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